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Jetzt NABU-Mitglied werden!Populismus – eine Gefahr für den NABU?
Darum sind unser Engagement für Natur und Umwelt, unsere Grundwerte und die Zivilgesellschaft bedroht
Der NABU ist offen für ein breites Spektrum politischer und gesellschaftlicher Vorstellungen über die Zukunft unseres Landes. Was uns eint, ist die gemeinsame Sorge um den Zustand der Natur, der Arten, der Umwelt und des Klimas der Welt, in der wir leben. Wir grenzen in unserer Arbeit niemanden aus, dem es um eine wertegebundene Zukunft unseres Landes, um mehr individuelle Freiheiten oder um mehr soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft geht. Die politischen Ansichten von Menschen einseitig nach „links“ oder „rechts“ zuzuordnen, ist für den NABU mit seiner gelebten, gesellschaftlichen Vielfalt wenig hilfreich.
Wir bekennen uns zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wir treten gemeinsam dafür ein, den demokratischen Rechtsstaat mit seinen Beteiligungs- und Kontrollmöglichkeiten zu verteidigen, aber auch die Demokratie weiterzuentwickeln, um sie attraktiver und damit widerstandsfähiger gegen ihre Feinde zu machen. Als Ehrenamtsorganisation wollen wir ein Vorbild für ein werteorientiertes, demokratisches Handeln in der Zivilgesellschaft sein.
Durch populistische Strömungen in unserer Gesellschaft sehen wir unsere fachliche Naturschutzarbeit, unsere Grundwerte und den NABU als Verband grundsätzlich gefährdet. Deshalb ist es wichtig, sich klar zu positionieren und zu begründen, warum populistische Forderungen im Widerspruch zu unseren Zielen stehen. Denn mitten in der Klima- und Naturkrise und angesichts vielfältiger Angriffe auf unsere Demokratie brauchen wir einen starken, demokratischen und solidarischen Zusammenhalt, um den notwendigen Wandel gemeinsam zu organisieren.
Die Umwelt- und Naturschutzarbeit des NABU umfasst auch die Auseinandersetzung mit politischen Botschaften und Zielen sowie die Kommentierung gesellschaftlicher Entwicklungen, die den NABU und seine Themen betreffen. Im Folgenden erläutern wir daher detaillierter, woraus wir unsere Position zum Populismus ableiten und warum wir uns als Umweltverband mit diesem Thema auseinandersetzen müssen.
Inhaltsverzeichnis
1. Gemeinsame Merkmale von Populismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus
2. Darum ist die fachliche Naturschutzarbeit des NABU gefährdet
- Unsere Arbeit ist wissenschaftsbasiert
- Für komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen
- Beispiele rechtspopulistischer Positionen im Natur- und Umweltschutz
3. Darum sind populistische Strömungen mit den Grundwerten des NABU unvereinbar
- Was wir aus unserer eigenen Verbandsgeschichte gelernt haben …
- Rechtspopulistische Vereinnahmung von Natur, Heimat und Artenschutz
4. Darum ist das rechtsstaatliche Prinzip für uns nicht verhandelbar
- Angriff auf Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten – Natur ohne Rechtsschutz?
- Der Rechtsstaat als Garant für unsere Verbandsarbeit
- Fehlentwicklungen in unserer Demokratie korrigieren
5. Handeln konkret – was wir tun
- Unser Umgang mit Populismus und Rechtspopulismus
- Angebote des NABU
Fazit
1. Gemeinsame Merkmale von Populismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus
Alle drei gesellschaftspolitischen Strömungen haben einige grundlegende Dinge gemeinsam:
- Ausgrenzender Volksbegriff: Eine pluralistische und vielfältige Gesellschaft wird abgelehnt. Ein Teil der Bevölkerung wird als vermeintliche Mehrheit und das „eigentliche Volk“ überhöht.
- Oftmals Ausgrenzung und Abwertung von Minderheiten, die für Missstände in der Gesellschaft verantwortlich gemacht werden.
- Einseitige Wissensinterpretation: Allgemeingültige Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft werden angezweifelt.
- Offener oder versteckter Angriff auf demokratische Strukturen und Prozesse.
Populismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus sind also inhaltlich anti-pluralistisch, anti-humanistisch, anti-aufklärerisch – und bei der Verfolgung ihrer Ziele offen oder versteckt demokratiefeindlich. Zudem schüren sie permanent Ängste vor notwendigen Veränderungen.
Im Folgenden sprechen wir allgemein von Populismus und fassen darunter zunächst rechts- und linkspopulistische Formen zusammen. Wenn es Unterschiede in den Inhalten gibt, differenzieren wir die Zuordnung weiter aus.
Eine ausführliche Definition der drei Begriffe und ihre Abgrenzung voneinander finden Sie hier.
2. Darum ist die fachliche Naturschutzarbeit des NABU gefährdet
Unsere Arbeit ist wissenschaftsbasiert
Für den NABU ist die inhaltliche Arbeit auf wissenschaftlicher Grundlage die Richtschnur seines Handelns. Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft – selbst wenn sie von einer großen Zahl von Wissenschaftler*innen anerkannt sind – werden jedoch von Populist*innen oftmals nicht nur geleugnet oder ignoriert, sondern ihnen wird häufig auch eine polemische Auslegung entgegengesetzt, unterstützt von „Fake News“, die abwegige Interpretationen liefern. Diese dienen jedoch nicht dazu, einen wissenschaftlichen Diskurs zu führen, sondern sollen kommunikativ unliebsame Ergebnisse diskreditieren. Mit einer vorurteilsfreien, logischen und an wissenschaftlicher Methodik orientierten Bewertung hat diese spezielle Auslegung der Realität wenig zu tun.
Für komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen
Vielen von uns fällt es zunehmend schwer, sich in einer immer komplexeren Welt zurechtzufinden. Da ist es leichter und sogar verständlich, dass Menschen sich angesprochen fühlen, wenn ihnen plakative und simple Antworten auf schwierige und drängende Zukunftsfragen angeboten werden. Aus diesem Grund üben die einfachen Antworten des Populismus auf die komplizierten Fragen unserer Gesellschaft eine große Anziehungskraft aus.
Besonders attraktiv können solche Vereinfachungen sein, wenn gleichzeitig die vermeintlich Schuldigen für das jeweilige Problem präsentiert werden. Und für Populist*innen sind das eben häufig Eliten oder Minderheiten.
Klar ist: Diese simplen, einseitigen Antworten greifen zu kurz. Und die Welt wird einfacher dargestellt, als sie ist. So verlockend es auch sein mag, in ein Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen – die komplexen Probleme, vor denen wir stehen, wie zum Beispiel die Natur- oder Klimakrise, werden damit nicht gelöst.
Beispiele rechtspopulistischer Positionen im Natur- und Umweltschutz
Im Folgenden nennen wir einige Beispiele, wie sich rechtspopulistische Gruppierungen, wie die AfD, zu Themen des Natur- und Umweltschutzes positionieren. Die detaillierten Quellenangaben sind im ausführlichen Hintergrundpapier genannt.
Klimaschutz
Maßnahmen des Klimaschutzes lehnt der Rechtspopulismus ab. Klimaschutz wird als „wirtschaftsschädlich“, „unnötig“ und „sozialschädlich“ dargestellt. Rechtspopulist*innen setzen auf ein weitgehend unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum – hier zeigt sich eine deutliche Schnittmenge mit dem Neo-Liberalismus, der sich auf die Marktkräfte verlässt und staatliche Eingriffe ablehnt. „Auf breiter Front“ soll laut Programmatik dereguliert und „Bürokratie abgebaut“ werden. Zu erwarten ist, dass vor allem Umwelt- und Naturschutzauflagen massiv betroffen wären.
Pestizide
Der Schutz der Umwelt vor Pestizideinträgen, zum Beispiel durch Glyphosat, wird abgelehnt. Die EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln „gehört ersatzlos abgeschafft“.
Landwirtschaft
Das EU-Nature Restoration Law wird abgelehnt, weil es angeblich „radikal in die Eigentumsfreiheit der Bauern“ eingreift. Statt rechtlicher Vorgaben sollen lediglich finanzielle Anreize geschaffen werden.
Aus ähnlichen Gründen klagte die AfD gegen das bayerische Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Sie hatte gefordert, die aus dem Volksbegehren resultierenden Gesetze und damit viele Regelungen für Naturschutz, Artenschutz und Landwirtschaft für nichtig zu erklären. Neben formalen Mängeln sah die AfD das Grundrecht auf Eigentum verletzt, da den Landwirt*innen vorgeschrieben würde, was sie auf ihrem Land machen sollen. Der bayerische Verfassungsgerichtshof wies die Klage in allen Punkten zurück. Die Auflagen für die Landwirtschaft zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt seien „legitim und verhältnismäßig“.
Düngeverordnung
Regelungen zum Eintrag von Düngemitteln zur Sicherung der Qualität unserer Gewässer werden weitestgehend abgelehnt oder unter starken wirtschaftlichen Vorbehalt gestellt: „Die verschärfte neue Düngeverordnung widerspricht (…) der guten landwirtschaftlichen Praxis und gefährdet den Anbau von Kulturpflanzen mit hohem Nitratbedarf, wie z. B. Kartoffeln, Getreide und Mais. Die AfD fordert die Revision der Düngeverordnung, die Aufhebung der pauschalen Reduktion der Düngemengen und die präzise Ermittlung von Eintragsquellen nach dem Verursacherprinzip unter Beachtung von Kostenwirksamkeit und Verhältnismäßigkeit.“
Umweltstandards
Das EU-Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards wird als unnötiges „Bürokratiemonster“ bezeichnet und abgelehnt.
Ökologisch bauen
Öko-Standards für ein umwelt-, natur- und klimafreundliches Bauen werden abgelehnt, ebenso wie die kommunale Wärmeplanung (WPG) und das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Deren relevante Auswirkungen auf den Klimaschutz werden ignoriert.
Verkehr
Die Verkehrswende hin zu einer umweltfreundlichen Mobilität wird als „Umerziehung“ abgelehnt, ebenso wie die Einrichtung von Sonderfahrspuren für klimafreundliche Mobilitätsformen und Tempo-30-Zonen. Populist*innen fordern „Freie Fahrt für freie Bürger“ und lehnen alle Beschränkungen aus anderen Gründen als der Verkehrssicherheit ab.
Tierschutz
Die populistischen Forderungen zum Tierschutz klingen zunächst sehr weitreichend: Grausame oder unnötige Tierversuche werden strikt abgelehnt. Die artgerechte Haltung von Tieren soll in der Landwirtschaft, im Zoo, im Zirkus, in Delphinarien und in der Haustierhaltung durchgesetzt werden. Es fällt jedoch auf, dass die vermeintlich weitreichenden Forderungen häufig lediglich das bereits bestehende Recht wiedergeben. Neue oder darüberhinausgehende Maßnahmen sind kaum vorgesehen.
Umwelt- und Naturschutz sind also nur dann für den Rechtspopulismus bedeutsam, wenn sie nicht gegen Wirtschaftsinteressen verstoßen und in das populistische Weltbild passen.
3. Darum sind populistische Strömungen mit den Grundwerten des NABU unvereinbar
In ihren Satzungen bekennen sich NABU und NAJU zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Der NABU sieht seine Tätigkeit als „verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet den Mitgliedern unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Alter, Glaube, sozialer Stellung oder sexueller Identität einer Heimat.“ (NABU-Satzung in der Fassung vom 22. November 2022). Dies ist zugleich das Wertegerüst, auf dem der NABU steht. Für die Menschenrechte einzutreten, sich also gegen Diskriminierung, Fremdenhass und Menschenfeindlichkeit zu stellen und Betroffene zu schützen, ist eine wichtige verbandliche Aufgabe. Mitglieder, die ein damit nicht vereinbares Verhalten zeigen, können folgerichtig aus dem Verband ausgeschlossen werden.
Eines der Merkmale des Populismus, nämlich die Ausgrenzung von Menschen, widerspricht demnach unseren humanistischen Grundwerten. Der NABU kann und wird kein Gesellschaftsbild verantworten, das seine Mitglieder und Mitarbeiter*innen, die die Vielfalt der Gesellschaft abbilden, drastisch in ihren Rechten begrenzt.
Was wir aus unserer eigenen Verbandsgeschichte gelernt haben …
Auch der NABU war und ist nicht immun gegenüber Populismus: Dessen Einflussnahme ist kein Phantom, sondern real. Der NABU hat seine Vergangenheit, die auch die Zeit des Nationalsozialismus umfasst, kritisch aufgearbeitet – insbesondere stand hierbei das Handeln der NABU-Gründerin Lina Hähnle im Mittelpunkt. Auch aus dieser Geschichte heraus begründet, in der es zu einer zwar verzögerten, aber letztlich doch vollständigen Gleichschaltung des Verbandes sowie dem Ausschluss jüdischer Mitglieder kam, bekennt sich der NABU heute uneingeschränkt zu den individuellen Grundrechten aller seiner Mitglieder, Funktionsträger*innen und Mitarbeitenden.
Der NABU ist laut seiner Satzung zur Überparteilichkeit verpflichtet. Jedoch ist diese Unabhängigkeit von politischen Parteien selbstverständlich an Werte gebunden. Und ebenso selbstverständlich beziehen wir eindeutig Stellung, wenn diese Werte – egal von wem – angegriffen werden.
Rechtspopulistische Vereinnahmung von Natur, Heimat und Artenschutz
Die meisten Menschen nehmen Umweltschutz eher als politisch links wahr. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt: Das Engagement für die Natur hat neben demokratischen auch konservativ-völkische Wurzeln. Als Naturschutz im ausgehenden 19. Jahrhundert zum Thema wurde, ging es für einige Gruppierungen vorrangig um den Schutz der Heimat, mitunter sogar des „deutschen Volkes“. Sogar antisemitische Aussagen finden sich bei einigen ökologischen Vordenker*innen dieser Zeit. „Historisch haben Naturschützer*innen phasenweise nationalistisch, ja sogar stark völkisch argumentiert“, sagt Hans-Werner Frohn, Geschäftsführer der Stiftung Naturschutzgeschichte. Nicht jede populistische Strömung im Naturschutz lässt sich auf diese historischen Wurzeln zurückführen, aber doch ein nicht unerheblicher Teil.
Die Natur als Lebensgrundlage des „deutschen Volkes“: Was für die meisten abstrus und vorgestrig klingt, ist bei populistisch orientierten Umwelt- und Naturschützer*innen auch heute wieder populär. Natur-, Heimat- und Artenschutz können nämlich auch als Vehikel genutzt werden, um undemokratische oder menschenfeindliche Gesellschaftsbilder zu transportieren. Umweltschutz als Heimatschutz findet sich beispielsweise in den Programmen rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien.
So bekennt sich die ehemalige NPD, die sich bezeichnenderweise umbenannt hat in „Die Heimat“, zu einem „umfassenden Schutz unserer Heimat als Lebensraum für Mensch und Tier“. Die AfD lehnte in ihrer Dresdner Erklärung zur Umweltpolitik Windkraft und Photovoltaik ab, weil diese den „heimischen Wäldern“ schade. Klimaschutz bezeichnet die Partei als „teuer, nutz- und wirkungslos“, der Einfluss von CO₂ auf die Temperatur sei nicht „nachzuweisen“. Es geht also um den Schutz der deutschen Heimat, nicht um die Rettung unseres Planeten. Zwar wird vordergründig Partei für die Natur ergriffen, letztlich werden jedoch Konflikte geschürt sowie demokratische Prozesse und Akteur*innen diskreditiert.
4. Darum ist das rechtsstaatliche Prinzip für uns nicht verhandelbar
Angriff auf Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten – Natur ohne Rechtsschutz?
Ja, Demokratie ist in ihrer Entscheidungsfindung manchmal langsam. Für manche Interessengruppen oft auch zu langsam. Der Populismus bezweifelt die Handlungsfähigkeit des demokratischen Staates. Er äußert sich folgerichtig zutiefst skeptisch bis ablehnend gegenüber politischen sowie administrativen Entscheidungsprozessen. Er „bewundert“ populistische Autokratien wie China oder Russland, wo zum Beispiel Infrastrukturprojekte in kurzer Zeit durchgesetzt werden, ohne durch Beteiligungsmöglichkeiten einer rechtsstaatlichen Demokratie überprüft werden zu können. Effizienter ist das aber nur dann, wenn Geschwindigkeit das einzige Kriterium ist. Berücksichtigen wir jedoch, dass das Ringen um einen Kompromiss zwischen gegenläufigen ökonomischen und gesellschaftlichen Interessen auch dazu führt, dass das Ergebnis tragfähiger ist und mehr Perspektiven berücksichtigt, wird der demokratische Entscheidungsprozess den sich ständig ändernden Rahmenbedingungen besser gerecht.
Gerade diese rechtsstaatlichen Elemente – die Beteiligungs- und Klagerechte von Verbänden – werden vom Rechtspopulismus diskreditiert, um sie einseitig zu „reformieren“, sprich: die Zugangsmöglichkeiten rechtlich einzuschränken. Dadurch soll eine unabhängige rechtliche Kontrolle von Regierungs- und Verwaltungsentscheidungen ausgehebelt werden – ein fundamentaler Angriff auf die sinnvolle Gewaltenteilung und Beteiligungsmöglichkeiten in einer Demokratie.
Der NABU hat in der Vergangenheit seine Beteiligungsrechte genutzt, um bestehende Mängel in Planungsverfahren aufzuzeigen. In vielen Fällen hat dies zu deutlichen Verbesserungen von Planungen geführt. So konnten Schäden an Ökosystemen und der biologischen Vielfalt abgewehrt oder zumindest in ihren Auswirkungen begrenzt werden. Die Erfolgsbilanz zeigt, dass die Umweltverbände ihre Klagemöglichkeiten effektiv nutzen, um Vollzugsdefizite abzubauen. Bei der Auswahl der Fälle wurde besonders auf die Erfolgsaussichten geachtet und vor allem bei gut belegbaren Vollzugsdefiziten geklagt. Entsprechend sind im langjährigen Mittel etwa 40 Prozent der Klageverfahren erfolgreich. Gute Beispiele für fachlich notwendige Klagen sind die NABU-Klagen gegen die A20, gegen das LNG-Terminal auf Rügen und gegen einen Windpark in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Rechtsstaat als Garant für unsere Verbandsarbeit
Mit der institutionellen Gleichschaltung von Verfassungsorganen und Medien ist im autokratisch-populistisch regierten Russland seit dem Jahr 2015 auch die Arbeit von internationalen NGOs drastisch eingeschränkt, bis hin zu deren Verbot als „unerwünschte ausländische Organisation“. Hiervon betroffen ist auch die internationale Arbeit des NABU.
Doch auch in der EU zeigt sich ein Trend bei rechtspopulistischen Regierungen, die inhaltliche Ausrichtung und die Meinungsäußerungen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu beeinflussen. Damit wenden sie sich klar gegen ein Markenzeichen der Demokratie und gegen ein wichtiges Mittel für die Bevölkerung, ihre Interessen unabhängig vom Regierungshandeln vertreten zu können.
- Beispiel Ungarn: Hier müssen sich NGOs seit 2021 einer Prüfung durch den staatlichen Rechnungshof unterziehen, wenn ein bestimmter Zuwendungsbetrag aus dem Ausland überschritten wird. Aktuelle Pläne sehen ein zentrales „Büro zum Schutz der Souveränität“ vor, das auch gegen NGOs vorgehen soll, die sich mit politischen Äußerungen bei Wahlen positionieren.
- Beispiel Polen: 2017 verabschiedete das polnische Unterhaus ein umstrittenes Gesetz zur Arbeit von NGOs, das mit einem neuen „Nationalen Freiheitsinstitut“ die Finanzzuweisungen durch die Regierung steuern soll, die in Polen traditionell für Verbände eine stärkere Rolle spielen.
Und selbst in Deutschland gibt es bedenkliche Entwicklungen: Ein offensichtliches Beispiel ist das diskreditierende Vorgehen der AfD gegen unliebsame Organisationen der Zivilgesellschaft. Aber auch bei einigen Reaktionen von Behörden – wie die grundrechtlichen Übergriffe des LKA Bayern gegen Klimaaktivist*innen oder die verfassungsrechtlich zweifelhafte Kritik des sächsischen Rechnungshofes an zivilgesellschaftlichen Förderprogrammen der Landesregierung – ist die Frage berechtigt, ob dieses Verhalten nicht auch den Grundstein für ein verschärftes Vorgehen gegen kritische NGOs legen soll und hierfür die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen auslotet. Es steht zu befürchten, dass auch ein Verband wie der NABU einem deutlichen öffentlichen und institutionellem Druck ausgesetzt wäre, wenn eine populistische Partei an die Regierung käme.
Deshalb besteht unsere Aufgabe darin, uns klar gegen Angriffe auf Organisationen der Zivilgesellschaft zu stellen, damit die im Grundgesetz garantierte Organisations- und Meinungsfreiheit – auch für NGOs wie dem NABU – nicht gefährdet wird.
Fehlentwicklungen unserer Demokratie korrigieren
Ja, es gibt Schwächen in einigen demokratischen Prozessen, die dringend verbessert werden müssen. Insofern hat die von vielen gesellschaftlichen Akteur*innen – und nicht nur von Populist*innen – geäußerte Kritik an der derzeitigen Ausgestaltung der liberalen, rechtsstaatlichen Demokratie einen wahren Kern. Populist*innen bieten für diese Schwächen aber keinerlei Verbesserungen an, sondern nehmen sie zum Anlass, die Demokratie an sich zu diskreditieren. Wir hingegen sind davon überzeugt, dass sich eine lebendige Demokratie in einer ständigen Aushandlung und Weiterentwicklung ihrer Ziele und Methoden befinden sollte.
5. Handeln konkret – was wir tun
Unser Umgang mit Populismus und Rechtspopulismus
Wenn wir uns erfolgreich mit dem Populismus auseinandersetzen wollen, müssen wir uns unserer gemeinsamen Werte bewusst sein und diese auch nach außen vertreten. Darüber hinaus gilt es, das ehrenamtliche politische Engagement nachhaltig zu stärken, den fragwürdigen Umgang des Populismus mit wissenschaftlichen Erkenntnissen immer wieder zu entlarven und den eigenen Umgang mit der Vielfalt gesellschaftlicher Bevölkerungsgruppen respektvoll und sensibel zu gestalten.
In unserer täglichen Naturschutzarbeit ist es unerlässlich, populistischen Äußerungen und Tendenzen auch in den eigenen Reihen offen und engagiert entgegenzutreten. Darüber hinaus sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen und andere gesellschaftliche Gruppen sowohl in der öffentlichen Darstellung unserer Arbeit als auch durch eine stärkere Teilhabe an unseren Aktivitäten und Prozessen einbeziehen. Unsere Werbung für ein Engagement im Naturschutz soll alle Bevölkerungsgruppen ansprechen, nicht nur diejenigen, die sich bereits im NABU verortet fühlen.
Angebote des NABU
- Positionspapier: „Position zum Umgang mit der AfD“ (März 2024),
- Hintergrundpapier: „NABU und Populismus“ (März 2024)
- „Kein Blattbreit der Rechten“ – Weiterbildungs- und Informationsangebote der NAJU und Kontakt zum verbandsinternen Kompetenznetzwerk,
- Bildungsangebote auf der Lernplattform NABU-Wissen (Stichwort „Politik und Verwaltung“).
Fazit: Es lohnt sich zu kämpfen!
Ja, die rechtspopulistische Einflussnahme und die Anfeindungen aus rechtspopulistischen Kreisen sind real. Die daraus resultierende Gefahr können und wollen wir nicht kleinreden. Aber wir wollen Mut machen: Nicht wegzusehen, sondern genau hinzuschauen, wenn Populist*innen und Rechtspopulist*innen ihre Stimme erheben!
Aus unserer Geschichte haben wir gelernt, eben nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Sondern mit allen demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln aufzuklären, zu motivieren und zu begeistern. Für unsere Lebensgrundlagen, die eine intakte Natur und ein stabiles Klima ebenso beinhalten wie das demokratische und friedliche Miteinander einer vielfältigen und weltoffenen Gesellschaft.
Alles andere? Nicht mit uns!
Sie haben Fragen oder Anregungen? Oder Sie wollen uns von Ihren Erfahrungen berichten? Dann schreiben Sie uns – wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen:
Bitte beachten Sie: E-Mails mit beleidigenden, rassistischen oder menschenverachtenden Äußerungen werden nicht beantwortet und kommentarlos gelöscht.
Populismus, Rechtspopulismus, Rechtsextremismus – was ist das?
Was ist Populismus?
Das Wort „Populismus“ kommt vom lateinischen Begriff „populus“, das„Volk“. Der gesellschaftspolitische Populismus suggeriert in seinen Äußerungen, dass „das Volk“ – im Gegensatz zur Bevölkerung – eine Einheit sei. Zum Volk gehören jedoch einerseits nur Menschen, die dieselbe nationale Herkunft haben. Zum anderen werden abweichende Interessen, die in modernen Gesellschaften in vielfältiger Weise existieren, ausgeblendet. Populist*innen behaupten, das „einzig wahre Volk“ zu vertreten. Ein zentrales Ideal der Demokratie ist allerdings der Pluralismus. Allein entscheiden zu wollen, wer zum „Volk" gehört und wessen Interessen der Staat vertreten soll, ist anti-pluralistisch und nicht demokratisch.
Die Stimmungsmache gegen Feindbilder ist eines der wichtigsten Stilmittel des Populismus. Zu diesen Feindbildern gehören zum einen die sogenannten „Eliten“, die als abgehoben, korrupt, egoistisch und nur am eigenen Machterhalt interessiert dargestellt werden („Wir“ gegen „die da oben“). Angegriffen und ausgegrenzt werden aber auch Bevölkerungsgruppen, bei denen es sich um soziale, kulturelle, religiöse oder sprachliche Minderheiten handeln kann, die zu Sündenböcken für soziale oder sonstigen Missständen gemacht werden („wir“ gegen „die anderen“). Populist*innen nutzen einen aggressiven Diskussionsstil. Beleidigungen und „alternative Fakten“, also einseitige und falsche Behauptungen, treten an Stelle sachlicher Debatten. Das behindert den politischen Prozess und erschwert eine Einigung. In einer Demokratie ringt man jedoch auf der Basis von Fakten um den bestmöglichen Kompromiss, wobei sich alle Gesprächspartner*innen achten und respektieren.
Populist*innen schüren in ihrer Anhängerschaft Misstrauen in demokratische Organisationen wie Regierungen und Parlamente und behaupten, diese würden von „Eliten“ beherrscht und handelten gegen den Willen des von ihnen konstruierten „wahren Volkes“. Natürlich ist in einer Demokratie berechtigte und sachliche Kritik an den Institutionen und Prozessen nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Doch den demokratischen Prozess grundsätzlich infrage zu stellen und auch mittels Verschwörungserzählungen zu unterwandern, ist undemokratisch.
Typisch für einen populistischen Politikstil ist auch, dass einfache Lösungen für komplexe Probleme angeboten werden. Sie sollen differenzierte Abwägungen und langwierige demokratische Prozesse ersetzen, die moderne Gesellschaften prägen. Dabei werden Zusammenhänge ausgeblendet oder stark vereinfacht. Dieses Angebot zieht besonders Menschen an, die sich in einer sich schnell verändernden Welt nicht mehr zurechtfinden. Populismus kann als Orientierungs- und Handlungsgrundlage von politisch rechten wie linken Gruppierungen genutzt werden.
Was ist Rechtspopulismus?
Eine spezielle politische Ausprägung des Populismus ist der Rechtspopulismus: Er schafft die Identität und Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft durch die explizite Abgrenzung gegenüber Dritten. Gesellschaftliche Minderheiten werden ausgegrenzt und sollen von Mitsprache und politischen Rechten ausgeschlossen werden. Geschürt werden dabei zusätzlich rassistische und menschenfeindliche Vorurteile, die andere Menschen nicht nur ausgrenzen, sondern immer auch abwerten. Die Ablehnung der Demokratie ist bei rechtspopulistischen Strömungen manchmal schwer zu erkennen und äußert sich eher in einer fundamentalen Kritik an langwierigen demokratischen Aushandlungsprozessen. Diesen wird ein schlankeres und vermeintlich effizienteres Vorgehen gegenübergestellt, das jedoch kaum eine rechtsstaatliche Beteiligung und wenig gesellschaftliche Diskussionen ermöglicht.
Was ist Rechtsextremismus?
Der Rechtsextremismus geht noch weiter und lehnt die freiheitlich-demokratische Grundordnung grundsätzlich ab. Rechtsextremist*innen wollen – auch unter Anwendung von Gewalt – ein autoritäres oder sogar totalitäres staatliches System errichten, in dem nationalistisches und rassistisches Gedankengut die Grundlage der Gesellschaftsordnung bildet. Das rechtsextreme Weltbild ist gekennzeichnet durch Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, völkische Ideologie, Antisemitismus, Geschichtsverfälschung, einhergehend mit der Verherrlichung des NS-Regimes und Relativierung bis zur Leugnung des Holocaust, Diffamierung und Ablehnung des demokratischen Rechtsstaats und seiner Institutionen.
Download des Hintergrundpapiers „Der NABU in Zeiten des Populismus“
Auf 29 Seiten beleuchten wir die eben genannten Punkte noch einmal ausführlich und belegen unsere Aussagen mit diversen Quellenangaben.
Lust auf Weiterlesen?
Unsere Literaturempfehlungen:
Wer sich schnell einen guten Überblick verschaffen möchte, der sei insbesondere auf das sehr kostengünstige, thematisch breit gefächerte Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) oder den entsprechenden Landeszentralen hingewiesen.
Die folgende Literatur dürfte dabei für die hier angesprochenen Themen oder darüberhinausgehend von Interesse sein. Die Vorschläge stellen lediglich eine Auswahl aus einem sehr großen Angebot dar:
- Bronner, G. (2020): Fake News & Verschwörungstheorien. Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin.
- Crouch, C. (2022): Postdemokratie revisited. bpb
- Kraske, M. (2020): Der Riss – Wie die Radikalisierung im Osten unser Zusammenleben zerstört. Ullstein.
- Kraske, M. (2021): Tatworte – Denn AfD und Co. meinen, was sie sagen. Ullstein.
- Kumkar, N.C. (2023): Alternative Fakten. bpb.
- Lewandowski, M. (2022): Populismus – eine Einführung. Zentralen für politische Bildung. Springer VS.
- Lübbe-Wolff G. (2023): Demophobie – Muss man die direkte Demokratie fürchten? Rote Reihe, Klostermann.
- Mau, S., Lux, T. & L. Westheuser (2023): Triggerpunkte – Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft. Edition Suhrkamp.
- Mudde, C. & CR Kaltwasser (2019): Populismus – Eine sehr kurze Einführung. bpb.
- Münkler, H. (2022): Die Zukunft der Demokratie. Zentralen für politische Bildung. Christian Brandstätter Verlag, Wien.
- Prantl, H. (2017): Gebrauchsanweisung für Populisten. ECOWIN.
- Schäfer, A. & Zürn, M. (2021): Die demokratische Regression – Die politischen Ursachen des autoritären Populismus. bpb.
- Schroeder, W., Greef, S., Elsen, J.T., Heller, L. & Inkinen, S. (2022): Einfallstor für rechts? Zivilgesellschaft und Rechtspopulismus in Deutschland. Campus-Verlag; auch erhältlich über die bpb.
- Sommer et all. (2022): Rechtspopulismus vs. Klimaschutz? bpb.
- Stegemann, B. (2017): Das Gespenst des Populismus. Theater der Zeit.
- Verheyen, Roda & Alexandra Endres (2022): Wir alle haben ein Recht auf Zukunft – eine Ermutigung. dtv.
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